Ab einer bestimmten Klasse
müssen Handballschiedsrichter jährlich einen
Test absolvieren, der aus einem theoretischen („Regeltest“)
und einem praktischen Teil („Lauftest“)
besteht.
Welche Ziele damit verfolgt werden, ist klar: Physische
und psychische Fitness. Die Spreu soll vom Weizen bzw.
die regelfesten und fitten von den regelunsicheren und
„unfitten“ getrennt werden. Außerdem
kann der Test „förderungswürdige“
Schiedsrichter/Gespanne zu Tage fördern. Schiedsrichter,
die den theoretischen und praktischen Teil mit Bravour
meistern.
Schiedsrichter, die hingegen den theoretischen und/oder
praktischen Teil nicht bestehen, dürfen die nächste
Saison nicht pfeifen (wird auf jeden Fall immer vom
Schiedsrichterwart behauptet).
Soweit so gut. Aber wie sieht das genau in der Praxis
aus?
Theoretische Prüfung
Hier müssen 30 Regelfragen aus einem Fragenkatalog
von ca. 330 Fragen in 45 Minuten unter Klausurbedingungen
(Unterhaltungen und Abgucken sind verboten) beantwortet
werden. Der Fragenkatalog ist keine geheime Verschlusssache,
so dass jeder Schiedsrichter sich diesen besorgen (z.B.
auf handballschiri.com unter „Downloads“)
kann und somit eine intensive Vorbereitung auf den Test
möglich ist.
In der Praxis kann man ganz und gar nicht von Klausurbedingungen
sprechen. Einige Schiedsrichter unterhalten sich und
diskutieren die Antworten. Die Schiedsrichter, die sich
konzentrieren möchten, werden immens gestört
und teilweise noch durch unqualifizierte Bemerkungen
irritiert. Unterbunden werden diese Störfaktoren
von den Prüfern ganz und gar nicht und Schiedsrichter,
die sich nicht auf die Prüfung vorbereiten haben,
kommen durch Fragen und Abgucken doch irgendwie durch.
Praktische Prüfung
Grundsätzlich müssen die Schiedsrichter einen
Lauftest absolvieren, bei dem 2400m in oder unter 12
min gelaufen werden müssen. Dieser Test basiert
auf dem „Cooper-Test“, bei dem geschaut
wird wie viel Meter der Läufer in 12 min schafft.
Hier gibt es aber noch ein paar sinnvolle Ausnahmen
- Je nach Alter bekommt man einen Zeitbonus
- Schiedsrichter unterer Kader können die 2400m
auch in 13 min laufen
- Für untere Kader kann auch der alternativ angebotene
Jo-Jo-Test gelaufen werden.
Der Jo-Jo-Test ist ein in der Sporthalle aufgebauter
Parcours, der vorwärts, seitwärts und rückwärts
gelaufen absolviert werden muss und somit den Bewegungen
eines Schiedsrichters während des Spiels ziemlich
nah kommt.
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Der Parcours wird mit Fähnchen
aufgebaut, welche umlaufen werden müssen. Einige
Schiedsrichter kürzen aber gerne mal ab, in dem
sie nicht außen am Fähnchen vorbeilaufen
sondern innen. So spart jedes Mal ein paar Meter und
das summiert sich ganz schön.
Beliebt ist auch Bahnen nicht komplett zu laufen. Das
spart ja auch wieder jede Menge Meter und vor allen
Dingen Zeit.
Eine Kontrolle bzw. Unterbindung der „Prüfer“
gibt es natürlich auch wieder nicht.
Mehr noch: Hat ein Schiedsrichter die benötigte
Zeit nicht geschafft (egal ob geschummelt oder nicht),
dann wird halt eine entsprechende Zeit aufgeschrieben.
Oft wird der Jo-Jo-Test belächelt, weil ihn „ja
eh jeder besteht“. Angeblich kann man ihn –
im Gegensatz zum 2400m-Lauf – ohne Vorbereitung
bestehen. Ich bin aber der Meinung, dass eine Vorbereitung
notwendig ist; auf jeden Fall, wenn man den Test korrekt
läuft.
Fazit
Die Schiedsrichter, die sich auf den Test vorbereiten,
und diesen auch ohne Probleme bestehen, kommen sich
veräppelt vor und sehen, dass es auch ohne Vorbereitung
geht. Dies führt dazu, dass die Motivation für
die Vorbereitung sinkt, weil man ja sowieso irgendwie
durchkommt.
Auch Schiedsrichter, die den Lauftest nicht bestanden
haben, werden in der Regel ganz normal eingesetzt (auch
wenn gesagt wurde, dass Schiedsrichter nicht eingesetzt
werden, solange der Lauftest nicht erfolgreich absolviert
wurde).
Spätestens im Spiel wird sich aber die mangelnde
Regelkenntnis und die körperliche (Nicht-)Leistungsfähigkeit
(„Konzentration kommt von Kondition“) zeigen
und zu Fehlentscheidungen führen!
Verbesserungsmöglichkeiten
Durch folgende einfache Maßnahmen könnte
man schon einige der schwarzen Schafe aussortieren bzw.
dazu bringen sich besser vorzubereiten und gleichzeitig
die Motivation
- Schärfere Kontrolle beim theoretischen und
praktischen Test (echte Prüfungsbedingungen herstellen)
- Härteres Durchgreifen (d.h. wer schummelt,
hat den Test nicht bestanden bzw. wer den praktischen
Test nicht besteht, pfeift solange nicht, bis er den
Test bestanden hat!)
- Höhere Gewichtung der Tests bei der Beurteilung
für Auf- oder Abstieg. Theoretischer und praktischer
Test sind derzeit bei der "Auf- oder Abstiegsformel"
ganz gering gewichtet. Eine höhere Gewichtung
könnte auch die Motivation aller Schiedsrichter
erhöhen.
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