Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
vom 29.06.08
So eine Pfeife
Wer hat die Fox 40 entwickelt und warum? Interessantes
zu "unserer" Pfeife Fox 40.
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WNZ (Wetzlarar Neue Zeitung) vom 09.03.08
"Es kommt einfach nichts nach"
Schiris wie Petry und Loh werden immer seltener
Von Arne Wohlfahrt (0 64 41) 95 95 95
redaktion.wnz@mittelhessen.de
|
Pfeifen, weil´s ihnen Spaß macht:
die Handball-Schiedsrichter Frank Petry (links) und
Wolfgang Loh. (Foto: Bär) |
Wolfgang Loh und Frank Petry gehören zu einer immer
kleiner werdenden Spezies. Dabei sind sie als Handball-Schiedsrichter
eigentlich unverzichtbar.
Doch der Job ist undankbar. Oft muss ein Unparteiischer als
Sündenbock
herhalten, sich Anfeindungen aussetzen. Deswegen hat die Schiedsrichter-Zunft
ein gehöriges Nachwuchsproblem und mit ihr – ohne
Zweifel – auch die gesamte Handballszene große
Schwierigkeiten.
„Es kommt einfach nichts nach“, klagt Jürgen
Baumann, Schiedsrichterwart im Handball-Bezirk Gießen.
Zwar haben gerade 35 Teilnehmer erfolgreich den Neulingslehrgang
absolviert, doch schon jetzt liegen Baumann wieder 70 Abmeldungen
von anderen Schiedsrichtern für die kommende Saison vor.
Bis jetzt konnten alle Handballspiele im Bezirk Gießen
noch immer mit einem Unparteiischen besetzt werden, doch wenn
sich der Trend auch in den nächsten Jahren fortsetzt,
ist das bald nicht mehr möglich. Im Bezirk Darmstadt
werden Jugendspiele schon heute teilweise von den
Vereinen selbst geleitet.
„Den jungen Leuten fehlt der Idealismus“, sagt
Frank Petry, der seit 1975 als Schiedsrichter unterwegs ist.
Seit 24 Jahren heißt sein Gespannpartner Wolfgang Loh,
der immerhin schon seit 1970 Spiele pfeift.
Vier Jahre (1994 bis 1998) durften die beiden gebürtigen
Münchholzhäuser in der Regionalliga ran, heute leiten
sie immer noch Partien bis hin zur
Oberliga – und haben Spaß daran: „Wenn ich
keine Lust mehr hätte, dann hätte ich schon längst
aufgehört“, sagt der 57-jährige Loh und fügt
hinzu: „Bis auf wenige Sachen, hatten wir nur schöne
Zeiten.“
Kaum vorstellbar, bei dem, was wöchentlich auf die Referees
in den Handballhallen so alles einprasselt. „Dagegen“,
sagt Loh mit breitem Grinsen,
„sind wir doch schon längst abgestumpft.“
Die dafür nötigen breiten Schultern haben sich die
beiden in den über 30 Jahren erarbeitet. „Die braucht
man aber auch“, merkt Frank Petry an.
„Bei den Vereinen bist du manchmal das fünfte
Rad am Wagen“
Und genau darin liegt auch eine große, wenn nicht sogar
die größte Herausforderung für die Schiedsrichterausbildung.
Denn: „Wir haben längst
ein Gewaltproblem in den Hallen“, sagt Jürgen Baumann
bewusst drastisch. Vor allem bei Jugendspielen würden
die jungen, unerfahrenen Unparteiischen massiv von den Zuschauern
– darunter oftmals ehrgeizige Eltern – attackiert.
Meistens so heftig, dass der Nachwuchs, der sich noch längst
nicht das breite Rückgrat erarbeitet hat und häufig
auch nicht aus Spaß an der Sache, sondern aus Pflichtgefühl
dem eigenen Verein gegenüber diesen Job übernimmt,
schnell die Karriere wieder aufgibt.
Aber das sind nicht die einzigen Probleme, mit denen sich
das Schiedsrichterwesen plagt. „Auch die Vereine müssen
umdenken“, fordert Baumann.
Trotz erheblicher Geldstrafen und sogar Punktabzügen
für die höchst gemeldete Mannschaft hat bei den
Klubs noch kein richtiges Umdenken im Umgang mit ihren Schiedsrichtern
stattgefunden. Diese
Erfahrung hat zumindest das Gespann Loh/Petry gemacht.
„Bei den Vereinen bist du manchmal das fünfte Rad
am Wagen“, sagt Petry und erläutert: „Wir
haben jahrelang unserer Ausrüstung und fast alles
andere selbst bezahlt.“ Die Folge: Von der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen
haben sie sich Ende der 90er Jahre abgewendet. Wolfgang Loh
(„Da gab es keine Anerkennung“) pfeift jetzt für
den TV Hüttenberg, der vier Jahre jüngere Petry,
der seit 1981 in Lützellinden wohnt, für den dortigen
TSV.
Aber als Schiedsrichter unterwegs zu sein, bedeutet auch
immer ein hoher Zeitaufwand. Je nachdem, wo die beiden eingesetzt
werden, sind sie mehr als zehn Stunden unterwegs. Der Verdienst
ist demgegenüber lächerlich. 30 Euro bleiben übrig.
„Auch da müsste etwas getan werden“, meint
Petry, um so die Anreize für den Nachwuchs zu erhöhen.
Doch der Verband tut sich dabei äußerst schwer.
„Wir wollten durchsetzen, dass Schiedsrichter vier Euro
mehr bekommen“, erklärt Jürgen Baumann. Herausgekommen
ist letztlich eine Erhöhung der Spesen um gerade einmal
die Hälfte.
Wolfgang Loh und Frank Petry, die rund 45 Spiele im Jahr
leiten, geht es aber nicht ums Geld. Finanziell sind der gelernte
Maschinenschlosser Loh und der Industriemeister Petry abgesichert.
Ihnen, die jahrelang in der ersten Mannschaft des TV Münchholzhausen
selbst aktiv waren, macht es einfach Spaß. „Je
voller die Halle, umso besser“, sagt Loh. Und deswegen
kann sich der Handballbezirk Gießen noch glücklich
schätzen, dass es noch solche Idealisten unter den Schiedsrichtern
gibt. Solche, die sich der Verantwortung stellen und die Attacken
von außerhalb auch problemlos aushalten. Bricht diese
Generation irgendwann weg, spätestens dann kommt auf
den heimischen Handball-Spielbetrieb ein großes Problem
zu.
Eine Schilderung aus der Sicht der Schiedsrichter wäre
hilfreich und interessant. Aber die Schiedsrichter werden
meistens ja nicht gefragt ...
Über
diesen Artikel im Forum diskutieren ...
WNZ (Wetzlarer Neue Zeitung) vom 03.04.06
Landesliga Männer: 30:31 beim TV Wicker / "Ihr
könnt machen, was ihr wollt, wir pfeifen gegen euch"
TVH-Zweite protestiert gegen Skandalschiris
(dl). War das schon der Abstieg für die Landesliga-Handballer
des TV Hüttenberg? Im Kellerduell unterlag die Zweitliga-Reserve
des TVH beim TV Wicker mit 30:31 (15:17) und steckt damit
weiter tief im Abstiegssumpf. Die letzte Entscheidung über
die Wertung der Partie scheint allerdings noch nicht gefallen.
Der TV Hüttenberg legte Protest gegen die Wertung des
Spiels ein und durfte sich angesichts der skandalösen
Umstände beim Zustandekommen der Niederlage zu Recht
von den Schiedsrichtern verschaukelt fühlen. Ausschluss
für "Opfer" BillekNeben zahlreichen offensichtlichen
Fehlentscheidungen gegen die Gäste sorgten vor allem
zwei Vorfälle für extrem erhitzte Gemüter im
Lager der Hüttenberger: Zunächst bekam Mitte der
zweiten Halbzeit TVH-Routinier Hennig Weiß von Schiedsrichter
Müller Folgendes zu hören: "Ihr könnt
machen, was wir wollt, wir pfeifen sowieso gegen euch".
Uwe Flick, Kreisläufer des TV Wicker bestätigte
auf Hüttenberger Anfrage, dies genauso gehört zu
haben und hat bereits zugesagt, dies auch vor einem Sportgericht
zu bezeugen. Der zweite Vorfall betraf Hüttenbergs talentierten
Linkshänder Florian Billek, der drei Minuten vor dem
Ende "Opfer" der offensichtlich nicht unparteiischen
Spielleiter wurde. Nach einer Aktion, in der gleich mehrere
Spieler zum Ball gingen, prallten Florian Billek und der Wickerer
Andre Tump unglücklich zusammen. Zur Verwunderung und
zum Entsetzen belegte das Gespann Müller/Siess den jungen
Hüttenberger mit einem Ausschluss und unterstellten ihm
damit, eine Tätlichkeit begangen zu haben. Auch das Intervenieren
seines Gegenspielers Tump, der sich in keiner Weise tätlich
angegriffen fühlte, stieß bei den beiden Schwarzkitteln,
die für die TGB Darmstadt pfeifen, auf Ignoranz. "Das
geht uns zu diesem Ohr rein und zum anderen wieder heraus",
bekam Tump zu hören.
"Wir haben Protest gegen die Wertung des Spiels eingelegt
und wollten eine Begründung auf dem Spielbericht vermerken
lassen. Das haben uns die Schiedsrichter versagt", erläuterte
TVH-Trainer Bernd Taylor.
In den ersten Minuten war Wicker die bessere Mannschaft in
Angriff und Abwehr. Vor allem Kreisläufer Uwe Flick bereitete
den Hüttenberger immer wieder große Probleme. Und
so hieß es 5:2 nach neun Minuten für den TVW. "Ab
der zehnten Minute haben wir dann praktisch gegen neun Mann
gespielt. Wir haben in der ersten Halbzeit drei reguläre
Tore abgepfiffen bekommen und drei glasklare Siebenmeter wurden
uns versagt", sah Taylor sein Team massiv benachteiligt.
Dennoch ließ sich Hüttenberg nicht abschütteln
und war beim 15:17 zur Pause fast dran.
Zwei krasse Fehlentscheidungen aus Hüttenberger Sicht
kennzeichneten auch den Beginn des zweiten Durchgangs, als
zunächst Ben Mitteis siebenmeterreif gefoult wurde und
der Pfiff ausblieb. Im Gegenzug betrat Uwe Flick den Hüttenberger
Kreis und nahm den dort rollenden Ball auf, warf ihn ins Tor
und bekam den völlig irregulär erzielten Treffer
von den Unparteiischen anerkannt. Wicker zog auf 27:22 (48.)
davon, und als kurz zuvor Henning Weiß die deutliche
Auskunft von den sogenannten Unparteiischen bekam, wer hier
die Halle als Sieger verlassen würde, schien die Partie
gelaufen. Bernd Taylor nahm eine Auszeit und ordnete eine
Manndeckung durch "Flo" Billek und Timo Schmidt
gegen die beiden Wickerer Halbrückraumspieler an.
Beim 28:30 verlor der TVH dann Florian Billek durch den unberechtigten
Ausschluss. Taylor nahm seinen Torhüter in der letzten
Minute vom Feld, und fast hätte Christian Keil 20 Sekunden
vor dem Ende beim 30:31 noch den Ausgleich geschafft. Doch
der Wurf von Keil wurde vom Wickerer Keeper übers Tor
gelenkt. "So sind zwei wichtige Punkte weg, die bei einer
ordentlichen Leistung der beiden Unparteiischen durchaus drin
gewesen wären", lautete Taylors Fazit.
Wicker: Schleipfer, Schmitt - Anthes (2/2), Flick (6), Hartmann
(5), Remsperger (4), Ruppert (1), Schmitz, Siegfried (1),
Steinbauer (1), Tsoultsidis (5), Tump (6).
Hüttenberg II: Menges, Elsner - Wiener (1), Franz (2),
Keil (2), Schmidt (3), Meilinger (1), Mitteis (2), Billek
(8/1), Spengler (3/2), Kümpel (3/2), Hundt (3), Weiß,
Avemann (2).
Schiedsrichter: Müller/Siess (Darmstadt) - Zuschauer:
50 - Zeitstrafen: Wicker drei (Anthes drei und rote Karte
54.); Hüttenberg drei (Weiß zwei, Kümpel)
- Ausschluss: Billek (Hüttenberg 57.).
Interessante Einblicke in einen DHB A-Kader Schiedsrichter-Lehrgang
www.handball-world.com
vom 19.01.2006 - Autor: Olaf Nolden
Schiedsrichter-Lehrgang: Kritische Selbstbetrachtung
des A-Kaders mit positivem Fazit
Eine einmalige Gelegenheit bot sich handball-world.com am
vergangenen Wochenende in Halberstadt. Auf Einladung des DHB-Schiedsrichterwartes
Peter Rauchfuß durfte Redakteur Olaf Nolden während
des gesamten Schiedsrichter-Lehrganges Einblicke in die Arbeit
des Schiedsrichter-Ausschusses und die Aufarbeitung der vergangenen
Halbserie mit dem A-Kader nehmen. Lesen Sie nachfolgend einen
Erfahrungsbericht.
"Sie dürfen sich frei bewegen", so begrüßt
mich Peter Rauchfuß im winterlich kalten Halberstadt
vor der Sporthalle, in der wenig später die Schiedsrichter
nicht nur einen Leistungstest sondern auch ein kleines Handballturnier
absolvieren werden. Frei bewegen, das bedeutete auch für
die versammelten Schiedsrichter, keine Rücksicht auf
einen Mithörer und Beobachter zu nehmen. "Vorsicht,
Presse hört mit!" wird zwar scherzhaft immer wieder
gerufen, doch Berührungsängste gibt es nicht.
In der Halle werden von den Schiedsrichtern zunächst
unter den Augen von Nationalspieler Jan-Olaf Immel typische
Spielszenen nachgestellt, die immer wieder für Kontroversen
bei der Regelauslegung sorgen. In der Diskussion mit dem Nationalspieler
wird deutlich, was Spieler und Schiedsrichtern voneinander
erwarten. Im anschließenden Turnier dreier Schiedsrichter-Mannschaften
muss dann Immel zur Pfeife greifen und alle Partien alleine
leiten. Dabei wird er nicht geschont und mit sämtlichen
strittigen Situationen konfrontiert, die das Handballspiel
zu bieten hat. Die Schiedsrichter bieten dabei Höchstleistungen
im Nachstellen schwieriger Spielszenen und machen Immel dadurch
deutlich, wie schwer es ist, innerhalb von Millisekunden die
richtigen Entscheidungen zu treffen. Zudem wird jede Schiedsrichterentscheidung
heftigst kritisiert. Auch Peter Rauchfuß an der Seitenlinie
als Charakter-Trainer mit einer wie entfesselt auftrumpfenden
Jutta Ehrmann (die sich des Sächsischen mächtig
zeigt) als Co-Trainerin geben alles, um von der Außenlinie
Einfluss auf das Spielgeschehen zu nehmen. "Der arme
Immel", schießt es mir durch den Kopf.
"Wer diesen Test nicht übersteht, fährt
nach Hause"
Nach dem Turnier steht für die Schiedsrichter der sogenannte
Shuttle-Run an. Die Schiedsrichter müssen hierbei einen
Lauftest absolvieren und dabei knapp sechs Minuten lang jeweils
eine halbe Hallenlänge mit steigendem Tempo laufen. Das
ansteigende Tempo und die ständigen Wenden sind dabei
das Anstrengendste und sorgen für reichlich Schwitzwasser.
"Wer diesen Test nicht übersteht, fährt nach
Hause", sagt mir Hans Thomas, während ich versuche,
nicht zu lässig an der Wand zu lehnen. "Bei dem
immer schneller werdenden Spiel ist eine gute Fitness unserer
Schiedsrichter unerlässlich", ergänzt Peter
Rauchfuß und erklärt mir kurz den Ablauf. In immer
kürzeren Abständen ertönt ein Signal, was für
die Schiedsrichter bedeutet, das Tempo zu erhöhen. Jeder
Signalwechsel stellt eine Stufe von 0,5 dar. "Bei 8,5
machen wir Schluss", sagt Hans Thomas und ich lehne die
Aufforderung der Schiedsrichter erfolgreich ab, mich am Lauf
zu beteiligen. In diese Falle tappe ich nicht. Dem Verlangen
nach einer Zigarette gebe ich mich aber aus moralischen Gründen
nicht hin. Soviel Anstand muss sein.
Heute schaffen alle Schiedsrichter den Test, auch wenn einige
mächtig pusten müssen. Nach dem Umziehen geht es
zurück in den Tagungsraum, wo es direkt mit dem Lehrgang
weitergeht. Auf dem Programm steht: Schiedsrichter werten
ihre Spiele aus. Anhand von Videoaufnahmen werden kritische
Szenen aus Bundesligaspielen aufgearbeitet. Dabei wird mir
deutlich, dass der A-Kader sehr kritisch mit sich selber umgeht.
Einzelne Szenen werden länger diskutiert, Hans Thomas
greift immer wieder ein und erläutert, was das Regelwerk
vorschreibt und wie typischerweise Situationen zu werten sind.
"Hier haben wir definitiv falsch entschieden", sagt
ein Schiedsrichter bei seinem Vortrag, "weil wir falsch
gestanden haben."
Eine fehlerfreie Schiedsrichterleistung kann es nicht geben,
dazu gibt es zu viele 50:50-Entscheidungen", sagt Hans
Thomas. "Jede Situation muss einzeln betrachtet werden,
Vorverurteilungen darf es nicht geben." Daher verwendet
er für sein Lehrmaterial mit Negativbeispielen auch selten
aktuelle Spieler, damit nicht der Eindruck entsteht, Spieler
X würde besonders beobachtet werden. "Als der Wislander
nicht mehr beim THW spielte, konnte ich Szenen von ihm mit
in die Lehrgänge reinnehmen", sagt er, ohne zu verraten,
welche es waren.
Rot oder nicht?
Häufig bemängelten die Trainer, dass die Schiedsrichter
zu früh eingreifen, berichtet Hans Thomas. "Laufen
lassen" sei zwar in manchen Situationen völlig richtig,
aber wenn es gesundheitsgefährdende Situationen gibt,
müssen die Schiedsrichter die Spieler schützen.
"Es ist dabei völlig egal, ob es Absicht oder Dummheit
war, die zu der Situation führte", sagt der Lehrwart.
Er führt eine Szene vor, in der Kiels Kim Andersson bei
einem Wurfversuch über Filip Jicha hinweg böse zu
Fall kommt und hart auf die Hüfte knallt. Allein beim
Zuschauen bekommt man Rückenschmerzen. "Rot oder
nicht?", fragt er in die Runde. Alle sind sich einig,
dass hier eine Rote Karte völlig übertrieben gewesen
wäre. "Richtig", sagt Hans Thomas, "denn
Jicha stößt Andersson nicht, es ist allein das
hohe Tempo, mit dem Andersson angeflogen kommt, verantwortlich
dafür, dass er durch die Abwehr von Jicha umfällt."
Damit macht er deutlich, dass es trotz sauberer Abwehr zu
einer Gesundheitsgefährdung kommen kann, diese aber dem
abwehrenden Spieler nicht angelastet werden könne.
In einer weiteren Szene sieht man, wie Stefan Kretzschmar
nach einem Abwehrversuch von Heiko Grimm böse zu Fall
kommt und in die Bande fliegt. "Grimm begleitet Kretzschmar
nur, es kommt zu keiner gesundheitsgefährdenden Aktion
durch den Abwehrspieler." Gesundheitsgefährdend
seien hier vielmehr die Blechwerbebanden gewesen, an denen
sich Kretzschmar hätte üble Risswunden holen können.
Auch hier wurde von den Schiedsrichtern aus dem Spiel heraus
keine Rote Karte gegeben, was Hans Thomas ausdrücklich
lobte. "Nur weil der Sturz schlimm aussieht, muss die
Abwehraktion nicht zwingend Rotfähig sein."
Schrittfehleranalyse
Mir wird schnell klar, dass es hier eine sehr ernsthafte
Auseinandersetzung mit der Schiedsrichterleistung gibt. Ich
erfahre, dass alle Schiedsrichter des gesamten DHB-Kaders
bei DSF-Übertragungen fest eingeteilt sind, um Beobachtungsbögen
auszufüllen. "Diese Bögen werden mir zugeschickt.
Gibt es häufige Nennungen für eine Szene, in der
eine vermeintliche Fehlentscheidung entdeckt wurde, schaue
ich mir das sehr genau an." Hans Thomas berichtet von
einem Spiel aus der abgelaufenen Halbserie, in der es 29 Nennungen
für Schrittfehler gab. "Am Ende habe ich drei bestätigt
gefunden, der Rest war falsch beobachtet." Ein krasses
Beispiel, aber es zeigt besonders, wie schwer eine Schrittfehlerbeurteilung
ist. Jan-Olaf Immel berichtete, dass früher in seiner
Jugendzeit alles vom Trainer als Schrittfehler gewertet wurde,
was unrund aussah. "Wir haben Analysen gemacht, um festzustellen,
wann typischerweise Schrittfehler passieren und dafür
mehrere hundert Videobänder ausgewertet." Wichtig
sei, dass die Schiedsrichter ihre periphere Wahrnehmung schulen.
"Man kann nicht jeden Schritt zählen, man muss das
Laufbild im Kopf haben, um einen Schrittfehler richtig zu
sehen."
Irgendwann am späten Abend neigt sich der Lehrgangstag
dem Ende zu. Meine Einstellung zu den Schiedsrichtern hat
sich nach diesem Tag schon sehr gewandelt. Wie oft habe ich
leichtfertig über die eine oder andere Entscheidung geschimpft.
Im A-Kader sind höchst professionelle Schiedsrichter
am Werk, die ihre Aufgabe sehr ernst nehmen. Fast schäme
ich mich ein bißchen, dass ich als kleiner Steppke in
der Ostseehalle lauthals "Schieber" gerufen habe.
Schieberei kann ich nach diesem Tag keinem mehr unterstellen.
Zu ernsthaft wird sich mit der eigenen Leistung auseinander
gesetzt. Zu eng ist auch das Netz der Beobachtungen durch
geschulte Mitarbeiter des DHB. Hinzu kommen die Schiedsrichterbewertungen
der einzelnen Vereine. Was am Ende der Saison Konsequenzen
hat: Das Gespann mit der geringsten Punktzahl steigt ab und
fliegt aus dem Kader. "Wir wissen aber nicht, wie wir
aktuell bewertet sind", sagt mir Uwe Prang. Matthias
Dang ergänzt: "Es gibt also keinen Kampf um eine
Platzierung in einer Rangliste. Wir erfahren nur bei den Lehrgängen,
wie wir derzeit bewertet sind." In Einzelgesprächen
mit Peter Rauchfuß und Chef-Beobachter Eberhard Gläser
werden die Bewertungen bei einzelnen Gespannen genauer analysiert,
um Mängel aufzuzeigen. Eberhard Gläser bereitet
dabei eine sehr tiefgehende Analyse der Bewertungen vor und
hob dabei auch die positiven Aspekte heraus.
"Alles unter der Gürtellinie darf nicht sein"
Wie ich erfahre, lesen die Schiedsrichter auch still in der
Handballecke mit. Dass ihre Leistung da nicht immer positiv
gewertet wird, daran haben sie sich genauso gewöhnt wie
an üble Rufe in den Hallen. "Du brauchst da ein
dickes Fell", sagt Matthias Brauer. Er könne auch
jede Meinung akzeptieren, "nur alles unter der Gürtellinie
darf nicht sein."
Nach einer höchst amüsanten Abendveranstaltung,
bei der im Bowling der sportliche Wettkampf nicht zu kurz
kam (und ich immerhin mit Platz 7 in der Einzelwertung deutlich
vor Frank Lemme und Bernd Ulrich landete, was mich zwar nicht
für eine internationale Schiedsrichterkarriere befähigt,
aber deutlich macht, dass die beiden Heroen des deutschen
Schiedsrichterwesens nicht unschlagbar sind), herrscht kurz
einige Besorgnis bei den Schiedsrichtern des A-Kaders. Ich
reiße mir die Auswertung der Bowlingbahnen unter den
Nagel und verspreche, genüßlich vom Abend zu berichten.
Reiner Methe bittet inständig um eine etwas angenehmere
Darstellung seiner Platzierung, was ich ihm natürlich
zusage. Reiner Methe belegte selbstverständlich nicht
den letzten Platz bei diesem Bowling-Abend. Chefauswerter
Bernd Ulrich muss sich da verzählt haben.
Am Ende des zweiten Veranstaltungstages kann ich nur feststellen,
dass es um das deutsche Schiedsrichterwesen mindestens im
A-Kader bestens bestellt ist. Wenn Fehler in den Spielen gemacht
werden, werden sie knallhart aufgedeckt und versucht abzustellen.
Es gibt eine sehr gute Unterstützung seitens des Schiedsrichterausschusses
in jeder fachlichen Hinsicht. Obwohl die DHB-Schiedsrichter
keine Profis sind, herrschen sehr professionelle Rahmenbedingungen.
Mit konstruktiver Kritik wird untereinander nicht gespart.
"Wir alle, Spieler, Trainer und Schiedsrichter, wollen
das Produkt Handball nach vorne bringen", sagt Peter
Rauchfuß in seinem Schlusswort. Das ginge nur zusammen,
nicht gegeneinander. Die Schiedsrichter tragen dazu mit hohem
Verantwortungsbewußtsein bei, wie ich an diesem Wochenende
in Halberstadt feststellen konnte.
Folgende Strafe wurde dem TV
Hüttenberg für untengenannten Vorfall auferlegt:
Nach den Vorfällen vom 17.12.2005 im bzw. nach dem Heimspiel
gegen die SG Bietigheim/Metterzimmern, als Gennadij Chalepo
eine Rote Karte erhalten hatte und nach Spielende ein Zuschauer
gegen Schiedsrichter Marco Wallenfels tätlich geworden
war, teilte Uwe Stemberg von der HBL heute dem TV Hüttenberg
das Strafmaß mit.
Folgende Strafen wurden verhängt:
- 1 Spiel Hallensperre
- 1 Spiel Sperre für G. Chalepo
- 2 Spiele Spielaufsicht durch die HBL
- 1.000,-- € Strafe für den TVH
Quelle: www.tv-huettenberg.de
---
Unglaublich und "traurig
aber wahr" ...
Wetzlarer Neue Zeitung 19.12.2005
Hüttenberg befürchtet Heimspielsperre und
saftige Geldstrafe / Trainer Jan Gorr: "Bärendienst"
TVH erteilt dem Übeltäter Hallenverbot
Der Imageschaden, den der TV Hüttenberg durch
den brutalen Angriff eines Fans auf Schiedsrichter
Marco Wallenfels aus Ottersheim erlitt, ist kaum wieder
gutzumachen. Vorstand, Spieler und Trainer distanzierten sich
von der Attacke. Dass der TVH gegen die SG Bietigheim/Metterzimmern
mit 24:26 verloren hatte und damit im Abstiegskampf der 2.
Handball-Bundesliga nach zuvor zwei Siegen in Folge einen
schweren Rückschlag erlitt, trat weit in den Hintergrund.
Wojciech Honisch, der starke Torwart der Gäste, brachte
es auf den Punkt: "Das tut mir wirklich Leid für
den TV Hüttenberg. Hier bekommt die ganze Mannschaft,
der ganze Verein einen schlechten Ruf. Und das wegen eines
Einzelnen. Da sitzen 950 Anhänger und pfeifen nach dem
Spiel. Und einer rastet aus. Das ist bitter, aber so etwas
darf einfach nicht passieren."
So sahen es auch die Hüttenberger: "Mir fehlen
die Worte. Drei Ordner waren sofort am Ort des Geschehens.
Doch wenn einer ausrastet, dann helfen wahrscheinlich auch
fünf Ordner nichts. Wir kennen die betreffende Person.
Der Verein wird reagieren", kündigte Marketing-Chef
Lothar Weber Hallenverbot für den Übeltäter
an. Das erwartet jetzt aber erst einmal den TVH. Eine mehrere
Spiele währende Heimspielsperre sowie eine saftige Geldstrafe
im vierstelligen Bereich drohen. Das heißt, Hüttenberg
wird zu seinen Heimspielen reisen müssen. Der Vorstand
geht von einer Verlegung von 50 bis 100 Kilometern aus.
Wallenfels in die Notfallklinik
Für Marco Wallenfels hatte der Tritt schmerzhafte Folgen.
Noch auf der Heimfahrt musste der Unparteiischen aus Ottersheim
in der Notfallklinik in Landau Station machen und sich behandeln
lassen. Wallenfels ist zunächst bis Ende der Woche krank
geschrieben. Gestern Abend betonte er auf Nachfrage dieser
Zeitung, dass er dem TVH keine Schuld an dem Vorfall gibt:
"Das war ein für den Verein unabwendbares Ereignis.
Kein Ordnungsdienst kann eine solche Tat eines Einzelnen ausschließen.
Zum Glück befinde ich mich auf dem Weg der Besserung.
Bereits in Hüttenberg habe ich mich von den Verantwortlichen
sehr gut versorgt gefühlt. Dafür gebührt dem
TVH ein Lob."
"Wir müssen jetzt ganz einfach abwarten, was der
DHB macht", sind Weber die Hände gebunden. Der Schock
saß auch bei den Spielern tief. "Das ist eine Katastrophe",
meinte Michael Bepler. "Das wird ganz, ganz bitter für
uns." Der Griff des Zuschauers in
die Hoden des Unparteiischen überschattete am
Ende alles. Hüttenberg hatte sich zuvor mit einer schwachen
Trefferquote selbst im Wege gestanden. "Wenn man es nicht
schafft, seine freien Chancen zu verwandeln, ist es unrealistisch,
gegen Bietigheim an einen Sieg zu denken", meinte Coach
Jan Gorr. Doch die gesamte Leistung stimmt ihn nicht zufrieden:
"Wir haben heute Tribut dafür gezollt, dass wir
seit Wochen am Limit segeln. Irgendwann geht das nicht mehr."
Doch härter als die zwei verlorenen Punkte in einem Duell
mit einem direkten Konkurrenten träfen den TVH die Konsequenzen
der Tat des Zuschauers. "Wir", sagt Gorr, "sind
im Abstiegskampf auf jede Hilfe angewiesen. Dass aber, was
dieser so genannte Fan uns leistet, ist ein Bärendienst."
Auch Lothar Weber befürchtet weitreichende Folgen, die
im Kampf gegen um den Klassenverbleib eine schwere Bürde
sein können. "Wir hatten noch nie Heimschiedsrichter.
Durch eine solche Aktion werden wir aber auch keine bekommen.
So etwas spricht sich nämlich rum. Die haben uns nun
auf dem Kieker", glaubt der Marketing-Leiter.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
24.07.2005
Handball: Wettverbot für Schiedsrichter
Die Schiedsrichter der Handball-Bundesliga dürfen ab
sofort nicht mehr wetten, können sich aber auf deutlich
erhöhte Bezüge freuen. "Wir haben ein Wettverbot
ausgesprochen, das unsere Schiedsrichter schriftlich akzeptieren
müssen", sagte der Schiedsrichterlehrwart Peter
Rauchfuß vom Deutschen Handball-Bund. Hintergrund der
Entscheidung sind die Erfahrungen im Fußball-Wettskandal.
Festgelegt wurde aber auch, dass die Unparteiischen in der
kommenden Saison deutlich höhere Aufwandsentschädigungen
erhalten sollen. Von bislang 230 Euro steigen die Vergütungen
auf bis zu 400 Euro pro Spiel.
Der folgende Artikel handelt von einem Fußballschiedsrichter. Dies
kann aber leider auch jedem Handballschiedsrichter passieren...
Wetzlarer Neue Zeitung 10.07.2004
(dpa). Nichts zu Lachen hatte der Schiedsrichter eines Fußball-Freundschaftsspiel
zwischen zwei unterklassigen Vereinen im osthessischen Alheim-Heinebach.
Im Anschluss an die Partie zwischen dem TSV Baumbach und der
SG Gudegrund setzte es für den Unparteiischen Prügel.
Der 34-Jährige wurde von zwei Baumbacher Spielern ins
Gesicht geschlagen, wobei er eine Platzwunde an der Unterlippe
erlitt. Der Schiedsrichter erstattete daraufhin Strafanzeige
gegen die beiden Brüder.
Dieser Artikel ist zwar schon etwas älter,
spiegelt allerdings nachwievor die aktuelle Situation wider.
FAZ 31.12.2002
Dem hessischen Handball gehen langsam die Schiedsrichter
aus
Von Marco Romano
Hüttenberg. Die Vertreter des Hessischen Handball-Verbandes
(HHV) haben die Vereine auf der Halbzeitbesprechung der
Ober-und Landesligen in Hüttenberg auf den immer bedrohlicher
werdenden Schiedsrichtermangel aufmerksam gemacht. Die Zahl
der Unparteiischen sei, wie es hieß, in den vergangenen
Jahren bereits von 3.600 auf 2.800 zurück gegangen
- Tendenz weiter fallend.
" Wir haben ein echtes Leistungsproblem in der Ober-
und Landesliga“, räumte Verbandsschiedsrichterwart
Gunter Eckart ein und malte zugleich ein düsteres Bild:
"Es gibt sehr gute Ansätze, wie man neue Schiedsrichter
gewinnen kann.
Aber es dauert mindestens 5 Jahre, um geeignete Spielleiter
für die Ober- und Landesliga auszubilden.“ Vor
allem die durch den erfolgreichen Einspruch des Landesligisten
TG Darmstadt vor dem DHB-Bundesgericht vorerst außer
Kraft gesetzte Regelung, Vereine bei Nichterfüllung
des Schiedsrichterkontingents im Wiederholungsfall mit Punktabzug
zu bestrafen, hat bei den Lehrgängen für neue
Unparteiische in den Bezirken zu einem drastischen Schwund
geführt. „Im Bezirk Gießen kamen nach dem
DHB-Urteil von 120 Angemeldeten nur noch 50 zu den Lehrgängen“,
führte Eckart als Beispiel an.
Vor allem im nordhessischen Raum ist der Mangel an qualifizierten
Referees groß. „Wir werden mit diesem Problem
auf Jahre hinweg nicht fertig“, meinte Eckart dazu
und fügte an, man befinde sich „zurzeit in einem
Umbruch. Viele Schiedsrichtergespanne denken ans Aufhören.“
Eine Kooperation mit dem niedersächsischen Handball-Verband
ist nach Angaben des Vizepräsidenten für Spieltechnik,
Rolf Mai, gescheitert Die Idee war, dass niedersächsische
Referees aus dem Grenzbereich künftig bei Spielen In
Nordhessen eingesetzt werden könnten.
Nun machte Mai einen weiteren Vorschlag. Nach der Idee des
Vizepräsidenten sollen die Vereine künftig in
Form von Bonuspunkten davon profitieren, wenn ihre Unparteiischen
eine Saison komplett durchpfeifen. „Damit hätten
der Verband und die Clubs Planungssicherheit“, hob
Mai die Vorteile der ins Auge gefassten, neuen Regelung
hervor. Vielleicht könnte dadurch auch die hohe Fluktuation
bei den Schiedsrichtern eingedämmt werden. „In
einer Saison werden rund 2.000 Schiedsrichter
ausgebildet und rund 60 Prozent davon hören bereits
nach dem ersten Jahr auf“, verdeutlichte Eckart und
fügte an: „Die mittlere Verweildauer eines Schiedsrichters
beträgt gerade anderthalb Jahre.“
Die Gründe, warum speziell der HHV mit einem Mangel
an Unparteiischen zu kämpfen hat, sind vielfältig.
Aber gerade die Tatsache, dass es in dieser Saison vermehrt
zu verbalen Entgleisungen und Verunglimpfungen durch Spieler,
Funktionäre und auch Besucher gegen die Schiedsrichter
gekommen ist, hat dem Ansehen und der Motivation der „Männer
in Schwarz“ erheblichen Schaden zugefügt. „So
kann es nicht weiter gehen. Die Schiedsrichter sind kein
Freiwild“, machte Wolfgang Schmelz, Klassenleiter
Aktive Männer, deutlich. In, WiederhoIungsfall,so Schmelz,
drohen fortan sowohl saftige Geldstrafen; als auch Hallensperren.
Neben der Schiedsrichter-Problematik wurde auch das Torminraster
für die neue Saison 2003/04 besprochen. Dabei verständigte
man darauf, die Männern am 20/21. September 2003 in
die Runde zu schicken. Die Frauen sollen eine Woche früher
beginnen. Der Arbeitskreis Spieltechnik (AK) muss darüber
auf seiner Sitzung Mitte Januar 2003 noch abstimmen. Zudem
wird der AK über seinen von der Mehrheit der Vereine
begrüßten Vorschlag zur Neueminführung einer
Relegation entscheiden. Falls also eine Mannschaft zum Ende
der neuen Saison freiwillig aus der Oberliga oder Landesliga
zurückzieht, soll auch der Vizemeister der jeweils
tieferen Klasse mittels Relegation die Möglichkeit
bekommen, aufzusteigen.
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